12 Stunden Burgenland Extrem Tour 2015

Wieso 12 Stunden …? Es heißt doch 24-Stunden-Burgenland-Extrem-Tour! Stimmt, aber 12 Stunden reichten von Oggau nach Oggau für uns diesmal! Sheyenne, Sannerk und ich wurden hauptsächlich von einer Kombination aus Winterregen und meines Fehlers auf den Bo-den der Realität gezwungen, aber Apetlon ist nicht das Ende der Rei-se, sondern eben das wartende Auto in Oggau! Doch der Reihe nach:

Tags zuvor wurde mir die Ehre zuteil, als einer der Redner des „Be-wegungs & Erlebnis Extrem Symposiums 2015“ auf die Bühne zu kommen und ich hoffe, allen Zuhörern die Welt des Dogtrekking nä-her gebracht zu haben. Falls noch Fragen offen geblieben sind oder in Folge erst aufgetaucht, findet Ihr wohl auf unserer Homepage www.dogtrekking.at die Antworten und/oder Ihr nehmt einfach Kon-takt mit uns auf. Der Kaiserschmarrn, den es vor dem Symposium gab, war sogar erkaltet ein feiner Happen und mein offizielles Bett-hupferl. Inoffiziell konnte ich es kaum erwarten, zu Freunden ins be-nachbarte Donnerskirchen zu kommen, die mit dem Essen extra auf mich gewartet haben – danke Lisi, Simone und Renzo! Dem vorzüg-lichen Mahl folgte ein langer Abend, wenn man die Weckzeit meines Handys kennt, 03:00 Uhr. Wir hatten aber nur ein Schnapserl getrun-ken und so kamen wir eine Viertelstunde nach dem ersten Weckruf in die Gänge. Zum Frühstück war reichlich aufgetischt und bevor ich mich für den Brotbelag entscheiden konnte, war es 04:00 Uhr! Das war Potential, daß doch etwas wie Hektik aufkommen konnte, doch mit effizientem Vorgehen und/oder überspielter Aufregung schafften wir es ohne Stress in die Autos. In Oggau waren unsere angepeilten Parkplätze noch frei und Punkt 04:39 Uhr überschritten wir die Startlinie J

Wir waren unterwegs! Glückwünsche für einen gelungenen Tag wur-den noch ausgetauscht und jeder suchte sein Tempo zu finden. Bald kamen wir beim hinteren Rand des Pulks an und nach und nach ent-decke ich den ein oder anderen Dogtrekker, mit oder ohne Hund. Wie im Vorjahr gehörte der linke Rand und der Wiesenstreifen mir, dies-mal überholten wir jedoch im Marschtempo, nicht laufend. Vor der ersten Laufeinheit wollte ich mich warmgehen. Im Sommer hatte ich nämlich meinen Laufstil auf Vorfußlauf umgestellt und es dauert seine Zeit, bis längere Distanzen durchgestanden werden können. Denn wenn man müde wird, dann fällt man leicht in den alten Laufstil zu-rück – und das ist kontraproduktiv, zumal die Laufschuhe auch deut-lich weniger Dämpfung bieten (was bei sauberem Vorfußlaufstil auch nicht nötig ist). Deshalb wollte ich abwechselnd marschieren und lau-fen, sozusagen im „Indianerlauf„ unterwegs sein. Heuer lag kein Schnee und mein Blick ruhte nahezu permanent auf meinen Hunden. Vor allem auf Sannerk, der nach leichten Rückenproblemen erst seit einigen Tagen wieder der Alte war. Die kurzen Stopps genoss er der Massagen wegen, aber sobald ich meine Hände von ihm nahm drängte er zu erneutem Aufbruch. Offensichtlich waren doch mehr Zuhörer beim Symposium als ich mitbekommen hatte, denn immer wieder hör-te ich „Da ist er ja!“ oder „Da sind sie ja!“ und das ein oder andere Schwätzchen wurde gepflegt. Auch Weggefährten des Vorjahres spra-chen mich immer wieder an und ein Teil des Weges wurde gemein-sam plaudernd gegangen. Da fühlte ich schon etwas wie „Familie“, ja, das gehört auch zu dieser Reise! Heuer konnte ich bei Dämmerungs- und Tageslicht Streckenabschnitte mit ihrer Umgebung sehen, die ich im Vorjahr im Schein der Stirnlampe quasi durchschnitt. Das gefiel mir durchaus, fand aber für mich keinen „passenden“ Einstieg zum ersten Laufabschnitt. Irgendwo am Beginn der Südschleife, ich glaube es war knapp vor Fertöboz (Holling), lief ich später auf Tanja und Flo mit Bibi und Tito auf und mein schweigender Streckenabschnitt erfuhr eine auflockernde Abwechslung. 

Gemeinsam marschierten wir die restliche Südkurve in Ungarn weiter und schwenkten nach Norden ein. Ein Freund rief mich gleich nach Hegykö (Heiligenstein) an - „Wie geht´s denn?“, wollte er wissen. Zufrieden und mit Glückwünschen verabschiedete er sich nach meiner munteren wie zuversichtlichen Schilderung. Wir ließen die Hunde noch am Fischteich trinken, doch die Wende war eingeleitet: das Nie-seln wuchs sich zu leichtem Regen aus und die Wege wurden moras-tig. Sie hatten doch ganz wenig Wasser vom Himmel und Schneefall angesagt - das wird sicher! Inzwischen liefen wir locker durch den Gatsch, denn das funktionierte besser als zu marschieren. Und wirk-lich, mehr und mehr Schneeflocken mischten sich zwischen die Re-gentropfen, es war geschafft und das Regenzeug konnte im Ruchsack bleiben J 

Und genau diese Fehleinschätzung war mein Fehler! Erneut begann es zu regnen, diesmal stark genug um meine Jacke ziemlich schnell zu durchdringen. Zuerst bemerkte ich nur ihr höheres Gewicht, dann spürte ich, daß ich bereits bis auf die Haut durchnäßt war … Auch meine wasserdichten Socken hielten an diesem Tag nicht, was ihre Produzenten beworben hatten. Bei einem dreistündigen Probelauf hatten sie sich mit den leichten Nicht-Goretex-Laufschuhen bewährt, deshalb fragte ich mich lange, ob ich an meinen Fußsohlen derart in-tensiv geschwitzt habe oder ob nicht etwa Wasser von außen einge-drungen war. Es war Wasser von außen, ich lief in kleinen Eiswasser-aquarien! Auch meine Handschuhe waren inzwischen vollgesogen, die Finger hatten es bald unangenehm kalt. Beim Einserkanal steuerten Tanja und Flo die Labestation an, ich benötigte jedoch Wärme, keine Stärkung. So trennten wir uns und ich mußte sogar zu laufen begin-nen, um nicht weiter zu frieren. Letztes Jahr waren wir bis zum Ein-serkanal gelaufen, heuer begann dort unsere (reine) Laufstrecke. Beim verlassen des kleinen Dorfes Fertöujlak zeitigten Laufen und Fäuste in den Handschuhen ihren Erfolg, ich durfte wieder die Abwesenheit von Unterkühlung genießen. Danach ging es auf das freie Feld, wo es vori-ges Jahr kurz getröpfelt hat. Und heuer? Riesige Schneeflocken, wie ich sie noch nie gesehen habe, verzauberten die nasse Tristesse! Es war einfach zu verlockend doch ein Photo zu schießen. Ich öffnete die rechte Faust im nassen Handschuh und zog meine inzwischen wieder warmen Finger heraus, um die Kamera bedienen zu können. Murphy hätte seine Freude gehabt, im selben Augenblick als ich den Auslöser drückte hüllte ein leintuchgroßes weißes Himmelsgeschenk das Ob-jektiv ein … 

Umständlich und langwierig zwängte ich meine rechte Hand wieder in eine nasse Hülle, denn die linke Faust wollte ich nicht auch noch öff-nen. Naja, einen Versuch war es wert, so schön war die Stimmung! Weiter ging es entlang der Hecke und ab der Grenze – wir waren wie-der in Österreich – straßenbegleitend in immer tiefgründigerem Schneematsch nach Apetlon. Lachend, denn in meinem Kopfkino spielte gerade „Der Gummistiefellauf“. Die Knöchel meiner zu Fäusten geformten Hände bekamen rhytmische kalte Tauchbäder ab, so hoch stand das Wasser in den Fingerteilen meiner Handshuhe bereits … Nach acht Stunden und 14 Minuten betraten wir letztlich den „Frank-furterwirt“, die erste stationäre Labestation nach 54,5 km.

 

Aaaaaaaaaaah, da waren sie, die Wohltaten einer warmen Stube so-wie eines trockenen Fleecepullis über der nassen Merinounterwäsche, um bald warm und trocken zu werden, und ein Paar Frankfurter mit einem kleinen Bier, die selten so gemundet haben! Meine Hunde schliefen sehr zufrieden (patschnaß, aber nicht mehr in Wind und Wetter) von anderen 24-Stunden-Burgenländern völlig unbemerkt im letzten Winkel unter den Sitzbänken des Gastraumes mit der Theke. Ich hätte mich umziehen können und beim Laufen am Tag wäre mein Wärmehaushalt im grünen Bereich geblieben. Schwachstellen waren die doch nicht wasserdichten Socken und die Nachtkälte sowie die Passagen, die ich zwischen den Laufeinheiten gehen wollte. Logische Gründe im Sinne der Hunde kamen hinzu und ich entschied, daß Apetlon vom Etappen- zum Tagesziel avancieren sollte. Viele bekan-nte Gesichter vom Vorjahr und Dogtrekkingfreunde waren ebenfalls hier am persönlichen Ziel angelangt.

Die Rückfahrt nach Oggau sollte für uns um 14:30 Uhr beginnen, doch eine halbe Stunde später war der Bus immer noch nicht da. Da der zweite Bus termingerecht vor Ort und auch abgefahren war, war-teten wir im Freien … und mir war wieder eiskalt in meinen nassen wasserdichten Socken, bis auch ich mit meinen Hunden wieder ins Warme übersiedelte. Der Bus sei sehr wohl gefahren, aber nicht ab Apetlon, verkündete der Wirt. Er sei in Ungarn bereits von 60 War-tenden okkupiert worden und somit voll gewesen. Da erschien Karin, die Fahrerin des Begleitfahrzeuges einer Dogtrekkinggruppe, und be-vor wir weiter ungewiß lange warten mußten – ich wollte einfach so schnell wie möglich zu meinen trockenen Schuhen im Auto – heuer-ten Simone, Gerhard, Thomas und ich sie an, uns nach Oggau zu fah-ren. Glücklich saßen wir und unsere fünf Hunde zusammengepfercht in ihrem Auto, die Heizung voll aufgedreht. Meine Füße wurden wie-der wärmer, die arme Karin schwitzte J Daß die burgenländische Ex-trem-Tour diesmal besondere Facetten zu bieten hatte, zeigte auch Gerhards Erzählung auf. Er was sehr über Geschlechtsgenossen ver-ärgert, die in Windeseile unter Ausbootung bereits länger wartender und somit frierender Wanderer Abholfahrzeuge füllten. Andererseits hat später nicht nur er Angeschlageneren seinen Platz in einem Rück-holfahrzeug überlassen. So förderte extremes Wetter kontroverse menschliche Reaktionen zutage, auch wenn uns nicht alle gefallen. In Apetlon sahen wir dann einen Bus voller Extremwanderer kurz nach uns eintreffen. Wir hätten somit gar nicht mehr lange warten müssen, aber immerhin war uns das Schicksal von Tanja und Flo erspart ge-blieben, denen die Fahrt mit ihren Hunden vom ersten Chauffeur ei-genmächtig versagt wurde. Fadenscheinig steht das Argument seiner Hundehaarallergie da, welches er erst als dritte „Begründung“ nan-nte, nachdem zwei andere auch nach seiner Logik entkräftet werden konnten. Mit dem nächsten Bus kamen sie wieder zurück nach Oggau und einem Abschlußessen im Kreise einiges Teiles der heuer gestarte-ten 20 Dogtrekker stand nichts mehr im Wege.

 

War im Vorjahr der Umgang mit meinen persönlichen Grenzen und deren Verschiebung bis ins Ziel im Vordergrund, so habe ich wie viele andere diesmal - noch immer in einer sicheren Zone - Essentielles lernen dürfen. Es herrschten extreme Bedingungen, aber immer noch gab es die „Gnade“ eines Sicherheitsnetzes und Unterstützung, wir alle waren immer noch diesseits der Grenze zu echter Gefahr. Ich für meinen Teil bin froh, diese Erfahrungen in diesem Rahmen gesam-melt zuhaben! Am Berg oder inmitten einer Mehrtagestour im Winter Lapplands hätten wir leicht schwerwiegendere Probleme bekommen können, denn „the wilderness shows no mercy“! 

Extrem herzlichen Dank und Gratulation an die Organisatoren mit Ihrem Team!

Trotz wiederum toller Organisation und unermüdlichen Einsatz unter außergewöhnlichen Umständen habt Ihr gehalten, was Ihr verspro-chen habt: Es war eine waschechte Extrem-Tour! J

 

Inniger Dank gebührt auch Lisi und Karin für ihre Gastfreundschaft und Wärme (im wahrsten wie übertragenen Sinne des Wortes ;) ) , Danke an Wolfgang für seine Bereitschaft und an alle Weggefährten! Auch wenn ich nach den Massenansammlungen gerne wieder alleine unterwegs war, so möchte ich Wortwechsel und Gespräche mir Euch nicht missen.

Letztes Jahr waren 5 Starter aus unseren Reihen am Start, heuer konnten 20 Dogtrekker eine Startnummer ergattern: Thomas, Katrin, Regina, Christian, Markus, Udo, Holger, Melanie, Gerhard, Albert, Bir-gitt, Renzo, Vera, Simone, Tanja, Claire, Wolfgang,  Karli, Tamara und Florian (in der Reihenfolge der bekannten Startnummern) – schön, dass ihr dabei gewesen seid! Leider habe ich nicht alle von Euch getroffen, aber wir werden einen gemütlicheren (= trockenen und warmen) Platz finden, um unsere Erfahrungen auszutauschen J


P.S.: Ich verrate hoffentlich kein Geheimnis, wenn einem Eures Orga-nisationtriumvirats bald pelziger Familienzuwachs ins Haus steht. Als kleines Dankeschön, symbolisch sozusagen, möchte ich Euch jährlich für eine Veranstaltung von „Dogtrekking & More Sportunion“ das Startgeld streichen und freue mich auf ein Wiedersehen! Diese Ein-ladung gilt natürlich auch für die anderen beiden Väter der „24-Stun-den-Burgenland-Extrem-Tour“, denn Hundelose können bei uns gerne als Begleiter eines Mensch-Hunde-Teams mitgehen oder –laufen …