Routineuntersuchung-4-001

(Übersetzung und Bearbeitung eines Artikels aus dem Magazin "Mushing" im ehemaligen "x-back") 

 

Photos in Bearbeitung, bitte um etwas Geduld :)

Sled dog examination by Tim Hunt

ROUTINEUNTERSUCHUNG - Die Früherkennung von Gesundheitsproblemen kann dein Team die ganze Saison gut durchlaufen lassen

von Kim Troxel,

MUSHING Jan./Feb. 1994

 

Ob du das Iditarod bestreitest, an einem Wochenend-Preisrennen teilnimmst oder für einen Frühlingscampingausflug trainierst: deine Hunde können dir nicht ihre beste Leistung bieten, wenn sie nicht bester Gesundheit sind. Professionelle Musher und ihre Tierärzte waren beim verbessern von Gesundheitspflegestrategien für Schlittenhunde behilflich und hier teilen sie ihre Vorstellungen über Vorsorgemedizin mit den Lesern von "Mushing". Wir sind uns einig, daß Vorsorgeuntersuchungen für die Problemerkennung entscheidend sind und die Hunde zufrieden wie leistungsfähig erhalten.

 

"ROUTINEUNTERSUCHUNGEN während der ganzen Saison sind der Schlüssel zur Früherkennung von Problemen und beugen der Weiterentwicklung zu schwerwiegenden Erkrankungen vor" sagt der fünfmalige Iditarodchampion Rick Swenson aus Two Rivers, Alaska. "Der weitverbreitetste Fehler - den ich bei weniger erfahrenen Mushern sehe - ist, daß sie zu viel Zeit mit dem Training verbringen und nicht genug Zeit für Gesundheitspflege investieren. Susan Butcher hatte als Erste die Vorteile der Konzentration auf die Gesundheitspflege für den Wettkampf erkannt.

Ein gesundes Team hat bessere Chancen auf den Sieg; so ist es auf lange Sicht besser, einen Trainingstag blau zu machen und jeden Hund im Team zu untersuchen. Ich versuche jeden Hund wenigstens alle zwei Wochen zu untersuchen." vermerkt Swenson.

Musher Bruce Lee vom Denali Nationalpark, Alaska, warnt: "Musher sollen den ganzen Hund untersuchen - nicht bloß jene Regionen, die bereits in der Vergangenheit Probleme hatten! So nehme ich z. B. niemals an, daß ich nicht auf Dicks Füße sehen müßte, nur weil ich bei ihm vorher noch nie Fußprobleme wahrgenommen hatte. Ich führe auch Listen über jeden Hund. Dadurch stelle ich sicher, daß die Untersuchung bei jedem Hund alle Punkte abdeckt. Sie liefern auch Hinweise für mich und meine Helfer."

 

A.) Durchführung einer ALLGEMEINUNTERSUCHUNG:

 

Dabei wird der ganze Hund durchgeprüft - von einem Ende zum anderen. Beim Kopf beginnend werden zuerst die

 

1. AUGEN genau kontrolliert. Diese sollten klar sein, ohne übermäßige Tränen, Rötung oder Trübung in der Hornhaut. Die Pupillen sollten symmetrisch sein. Kontrolliere die

 

2. OHREN auf wachsige bzw. weiche Bildungen und auch auf üblen Geruch. Die

 

3. NASE sollte frei von jeglichem Ausfluß sein (Photo 1). Als nächstes kontrolliere das

 

4. MAUL. Sieh nach ZÄHNEN, ZAHNFLEISCH und MANDELN.

Iditarod-Musher Dee Dee Johnrowe aus Willow, Alaska, beobachtete, daß jene Hunde in ihrem Zwinger, die schlechte Fresser sind, oft Zahnfleischinfektionen oder Zähne haben, die gereinigt (Zahnstein) oder gezogen werden müssen. Sie reinigt ihren Hunden wenigsens alle zwei Wochen die Zähne und achtet auf Zahnfleischbluten sowie gebrochene und faule Zähne.

Die Mandeln können untersucht werden, indem die Hundezunge weit hinten mit dem Finger nach unten gedrückt wird. Geschwollene Mandeln sind ein Anzeichen, daß der Hund möglicherweise mit einer Krankheit ringt, was einen Leistungsabfall erklären kann. Hunde mit chronisch geschwollenen Mandeln fühlen sich oft erst besser, wenn die Mandeln entfernt wurden. Hohe Aufmerksamkeit schenke dem

 

5. GEWICHT des Hundes. Verschiedene Hunde laufen mit unterschiedlichem Gewicht besser. Deshalb ist es wichtig, für jeden Hund die Ration individuell anzupassen. Veränderungen des Hundegewichtes sollten schrittweise erreicht werden. Ein auf "Crashdiät" gesetzter Hund wird sowohl Muskeln als auch Fett verlieren. Jonrowe wie auch Swenson sagen, daß sie ihre Hunde mindestens alle zwei Wochen abwägen. Topsped Musher Roxy Wright-Champaine aus Salcha, Alaska, bemerkt, daß einige Sprintmusher den Fehler machen, ihre Hunde zu mager zu halten. "Du kannst keinen zu dünnen Hund für Rennen einsetzen" sagt sie. "Wenn er sich überanstrengt oder erkrankt, wird er rasch all seine Reserven erschöpfen. Ich versuche sicherzugehen, daß vor dem "Fur Rendezvous", was ein Dreitagesrennen ist, jeder meiner Hunde einen Extrapfund - oder zwei - zugenommen hat." Versichere dich bei der Untersuchung, ob das

 

6. FELL des Hundes glänzend und gesund ist. Gemäß Iditarod-Chefveterinär Karin Schmidt kann ein Hund in schlechter Form und stumpfen Fell Anzeichen von Schilddrüsenunterfunktion, Parasiten, Verdauungsinsuffizienz oder zahlreichen anderen Erkrankungen zeigen. Überprüfe auch die

 

7. HAUT auf entsprechende HYDRATION, indem die Haut an der Schulter oder Flanke zu einem "Zelt" hochgezogen wird. Wenn du ausläßt, soll die Haut sofort zurückspringen. (Bleibt die Haut jedoch kurz stehen und "fließt" dann nur langsam zurück, ist dies ein Zeichen für Dehydrierung.) Allgemeine Gründe für Dehydration sind: Erbrechen, Durchfall, Fieber und ungenügende Wasseraufnahme während ausgedehnter Bewegung. Danach überprüfe die

 

8. GENITALIEN auf wunde Stellen, Entzündungen und Vergrößerungen/Tumore. Swenson sagt, daß er bei seinen Hunden auf vergrößerte Prostatadrüsen achtet. Wenn du Hündinnen in der Läufigkeit hast, kannst du Prostataprobleme häufiger zu sehen bekommen. Ein Rüde mit einer entzündeten Prostata tendiert zu einem verkürzten Gang, der nicht sehr flüssig ist. Er hat auch Probleme beim Kotabsatz. Du kannst einen Hund mit vergrößerter Prostata händisch erleichtern. Ich achte auch auf infizierte Analdrüsen. Ein Hund mit infizierten Analdrüsen kann den Kot nicht schnell absetzen und sein Kot ist wirklich dünn. Ich ziehe einfach Gummihandschuhe an und drücke die betreffenden Drüsen aus." Zusätzlich untersuche auf

 

9. ERFRIERUNGEN. Wenn sie vorkommen, können sie mit Dimethylsulfoxid (DMSO) behandelt werden. Bereiche, die für Erfrierungen anfällig sind - wie die Flanken/Weichen und Genitalien - und auch Bereiche, die schon einmal erforen waren, sollten geschützt werden. Ausrüstung wie Bauchschutz oder Hundesuspensorium (Sportbandage zum Schutz der männlichen Genitalien) sind für diesen Zweck erhältlich. Außerdem ist es wichtig, den

 

10. FÜSSEN erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Wenn Susan Butcher ihre Routineuntersuchung durchführt, macht sie Aufzeichnungen über alle erschöpften Pfoten, Ballen, Spalten, angeschlagenen Zehennägel usw. und benützt diese Informationen zur Erstellung einer täglichen Bootie-Liste. Auch Bruce Lee führt solche schriftlichen Aufzeichnungen und bemerkt, "daß detailierte Fuß-Listen helfen zu gewährleisten, daß jedermann der mit Hunden arbeitet weiß, welcher Hund Booties benötigt und welche Salben anzuwenden sind".

 

B.) Durchführung einer ORTHOPÄDISCHEN UNTERSUCHUNG:

 

Im Laufe der Routineuntersuchung sollte jeder Hund zuletzt einer abgekürzten orthopädischen Untersuchung unterzogen werden - gleichgültig, ob er Zeichen von Lahmheit zeigt oder nicht. Es ist besser, ein schmerzempfindliches Handgelenk während einer Untersuchung zu entdecken - bevor der Hund Anzeichen von Lahmheit zeigt. Du kannst dem Hund einige Tage Pause gewähren oder auf flachen Trails und/oder in langsameren Teams laufen lassen. Vermeide auch harte, eisige Trails. Wenn du dich dem Problem früh zuwendest sind deine Chancen, den Hund im Team zu behalten, viel besser als wenn du wartest, bis die Verletzung sichtbar ist.

Probleme können zuerst außerhalb des Untersuchungszimmes erkannt werden. Dee Dee Jonrowe sagt, daß sie es sich zur Gewohnheit gemacht hat, jeden Abend nach dem Füttern nach ihren Hunden zu sehen. Wenn sie über das Verhalten eines Hundes eine Frage hat, gibt sie ihn für fünf bis sechs Stunden in eine Box, nimmt ihn dann heraus und beobachtet auf Zeichen von Lahmheit. Sorgfältiges Beobachten am Morgen, wenn der Hund aus seiner Hütte kommt, ist ebenso ein guter Zeitpunkt, um Lahmheiten zu sehen. Wenn du wartest bis der Hund auf ist und sich bewegt hat, wirst du die Zeichen wahrscheinlich nicht mehr sehen. Im Hof oder am Trail beobachtete Lahmheit sollte vorsichtig untersucht werden, um eine korrekte Diagnose zu stellen. "Manchmal ist, was anfänglich z.B. als Verletzung der rechten Schulter aussieht, in Wirklichkeit ein Symptom einer Verletzung der linken Hinterhand oder im unteren Rücken. Die Schulter wird dabei überbeansprucht, um die andere Verletzung zu kompensieren." bemerkt Jonrowe. Laut Iditarod-1992-Veterinär Dr. Robert L. Rooks kann ein unbehandeltes orthopädisches Problem zu weiteren führen.

 

Die äußerlichen Lahmheitssymptome beinhalten

- einen veränderten Gang, ein bevorzugtes Bein, einen verkürzten Schritt,

- eingeschränkten oder erweiterten Bewegungsspielraum eines Gelenks,

- abnorme Gliedmaßenstellung vom/zum Körper weg/hin,

- Kopfnicken bei Gewichtsverlagerung auf die betroffene Gliedmaße,

- abnorme Gewichtsverlagerung nach vorne oder hinten sowie

- einen Stand, der weiter oder enger ist als normal.

Rooks zeigt, daß die folgenden Verfahren den Musher bei der genauen Lokalisation potentieller Problemzonen helfen werden.

 

Beginne mit der Untersuchung von Zehen und Pfoten der VORDERGLIEDMASSEN:

 

1. BALLEN: Zusätzlich zu Abschürfungen, Rissen und Rötungen - auch zwischen den Ballen - achte auf Schwelungen und prüfe die KRALLEN auf Asymmetrie und einseitige Abnützung (-> Photo 2). Weite die Untersuchung der Ballen allmählich auf die

 

2. ZEHEN aus, um feste oder weiche Schwellugen fühlen zu können. Taste die Sehnen, Bänder, Muskeln und Knochen nach Anomalien ab (-> Photo 3).

Prüfe jedes Gelenk auf abnormen Bewegungsspielraum, Flüssigkeit im Gelenk oder ungewöhnliche Wärme. Wenn irgendwelche Aomalien entdeckt wurden, achte auf mögliche Asymmetrien, indem mit der anderen Seite verglichen wird. Untersuche sanft aber entschlossen und zolle den Reaktionen ds Hundes hohe Aufmerksamkeit. Wenn das Problem besonders heikel ist oder du unsicher bist, vergleiche die eine Seite mit der anderen. Taste die

 

3. OBERE MUSKULATUR des Vorderbeines auf geschwollene Bänder oder deren Verkürzung ab. Beuge das HANDGELENK sanft (wie in -> Photo 4) und achte auf Unterschiede in der Beweglichkeit zwischen linker und rechter Seite. Prüfe auf eine Reaktion des Hundes. Einige Schlittenhunde sind stoischer als andere - so berücksichtige auch die Hundepersönlichkeit! Danach taste die Region beider

 

4. SCHULTERBLÄTTER auf Symmetrie und möglichen Muskelschwund ab und achte genau darauf, wie leicht die Schulterblattgräte tastbar ist. Beurteile das SCHULTERGELENK indem du wie in der Abbildung (-> Photo 5) den Knochen des Vorderarmes langsam nach vorne führst, während du auf das Schulterblatt einen sanften, nach unten gerichteten Druck ausübst und die Extremität etwas seitwärts streckst. Schmerz oder eine Reduktion des vollen Bewegungspielraumes können auf eine Problemzone hinweisen. Ein Vergleich der Ergebnisse des gleichen Tests an der anderen Extremität mag bei der Unterscheidung hilfreich sein, ob ein Hund Schmerz empfindet oder er einfach nicht untersucht werden will bzw. eigensinnig ist. Beuge die

 

5. VORDERGLIEDMASSE sanft zur Hüftregion des Hundes zurück (-> Photo 6) und achte auf allfällige asymmetrische Unterschiede oder Schmerzreaktionen. Bevor wir uns der Hintergliedmaße zuwenden, wird

 

6. KOPF und OBERER HALS

gestreckt (-> Photo 7),

gebeugt (-> Photo 8) und von

einer zur anderen Seite gebeugt (-> Photo 9).

Hunde mit Bandscheibenerkrankungen, Verrenkungen, Brüchen oder Infektionen in diesem Bereich werden sich gegen diese Prozedur sträuben.

 

Als nächstes wende dich den HINTERGLIEDMASSEN zu und beginne mit der systematischen Untersuchung der

 

7. BALLEN und ZEHEN wie vorher an der Vordergliedmaße. Wenn Schwellungen, Reibegeräusche (Knacken) oder abnorme Bewegungsradien gefunden werden, vergleiche wieder mit der anderen Extremität um die Diagnose zu bestätigen. Beuge die Zehen sanft und beobachte aufmerksam die Bewegungsweite. Danach taste den Bereich des

 

8. KNIES sorgfältig auf Wasseransammlung, Schwellungen, Reibungen, Instabilität und Symmetrie ab. Letztendlich taste die

 

9. HÜFTE ab. Das wird am besten durchgeführt, indem der Oberschenkel zurückgezogen wird (während der maximalen Streckung läßt man den Hund als Stütze an unser Bein lehnen) (-> Photo 10), gebeugt (-> Photo 11) und seitlich rotiert (-> Photo 12) wird.

Achte genau auf die Unterschiede der Bewegungsradien zwischen den Hüftgelenken der rechten und linken Seite. Wenn der Hund nur widerwillig die volle Streckung und Beugung erlaubt oder wenn der Bewegungsradius kleiner als erwartet ist, kann Hüftgelenksdysplasie (HD), eine degenerative Hüftgelenkserkrankung, Infektion oder eine frühere Gelenksverletzung vorliegen und die Zone sollte geröntgt werden.

 

C.) ANDERE ÜBERLEGUNGEN

  

Zusätzlich zur Routineuntersuchung können Labortests hilfreich sein. Roxy Wright-Champaine und Charlie Champaine nehmen Kotproben und machen Blutbilder, wenn ihre Hunde im Dezember voll konditioniert sind und dann vor dem "Fur Rendezvous" und dem "North American Championships" im Februar und März. "Wir versichern uns, daß die Hunde frei von Parasiten sind. Die Blutbilder geben uns eine Vorstellung über die Gesundheit eines jeden Hundes. Wir erstellen ein Profil der roten Blutzellen und der weißen Blutzellzahl." sagt Wright-Champaine.

Bruce Lee macht darauf aufmerksam, daß Wurmkuren wie auch Impfungen für den Hundeorganismus eine Belastung sind und daher in großem zeitlichen Abstand vor der Rennsaison geschehen sollen. "Ich möchte mein Team keiner zusätzlichen Belastung aussetzen, wenn es in die Rennen geht. Früh in der Saison durchgeführte Entwurmngen und Impfungen verbessern auch die Nahrungsverwertung und schützen meine Hunde vor Viren. Ich achte auch darauf, daß ihre Krallen mindestens zwei Wochen vor einem Rennen geschnitten sind. Auf diese Weise verbleibt Zeit zum heilen, wenn ich zufällig eine Kralle zu kurz schneide," erklärt Lee.

Außerdem sollte jegliche Ernährungsumstellung mit Vorsicht durchgeführt werden. Viele Ernährungswissenschafter und Top-Musher behaupten, daß Schlittenhunde während des ganzen Jahres - und nicht bloß während der Trainings- und Rennsaison - das bestmögliche Futter erhalten sollten. Obwohl es richtig ist, daß der Nahrungsbedarf eines Schlittenhundes im Sommer nicht so anspruchsvoll ist wie im Winter, ist es wichtig, daß Schlittenhunde ihr "Winterfutter" bereits vor dem Herbsttraining erhalten.

Bruce Lee führt Futterwechsel lange vor den Rennen durch. "Ich lasse mir bei der Beurteilung des Effektes eins Futterwechsels Zeit. Die Hunde benötige Zeit, um sich an ein neues Futer zu gewöhnen und ich benötige Zeit, um zu lernen, es richtig zu füttern." Während eines Rennens sollten Hunde mit nichts gefüttert werden, womit sie nicht schon auch im Training gefüttert worden sind. Futterwechsel können Durchfall und folglich Dehydration verursachen.

Indem du lernst, Routineuntersuchungen duchzuführen und die Beobachtungsfähigkeit verbesserst, wirst du deine Hunde besser versorgen können und das Beste aus deinem Team machen. Alle Probleme, die du erkennst, sollten mit dem Tierarzt besprochen werden. Teamgeist zwischen dir und deinem Tierarzt kann deinen Hunden die bestmögliche Gesundheitsvorsorge garantieren.

 

 

Kim Troxel aus Fairbanks, Alaska, nahm am Iditarod 1992 teil, war Doghandler und Schneiderin für Susan Butcher und ist regelmäßige Mitarbeiterin bei MUSHING.