Nun auch mit Sheyenne in Cz longgetrailt - wir haben das Šediváčkův long 2012 hauptsächlich als Pulkateam in der Tourenkategorie gefinisht :)

Mit der Überzeugung der Rechtzeitigkeit aller noch erforderlichen Verrichtungen bis zum Start am

Šediváčkův long 2012 verließen wir samstags davor endlich nach dem Schwinden des Tageslichts unsere heimatlichen Gefilde. Wie recht sollte Udo (Udo, "das Knie" oder "mlynár" - der Müller) doch behalten, als er in einem vormittäglichen Telephonat während meiner letzten Besorgungen meine Ankunft zum Kaffee in seiner Mühle in Südmähren zwischen 18:00 und 21:00 Uhr einschätzte - was mir noch ein innerliches Lachen entlockte. Die Tatsache: Um 17:45 Uhr rollten wir mit einsetzender Schneeflockenbegleitung aus Mödling Richtung Norden.

Trotz Schneegestöber und Schneefahrbahn ab dem Waldviertel kamen wir unerwartet flott voran, was mich exakt eine Abfahrt zu spät diese nun teilweise bis ganz schneeverdeckten Wegweiser zu lesen beginnen ließ. Das Jetzt-müßte-es-aber-bald-kommen-Gefühl begann immer mehr mit der Begeisterung für die herrliche Winterlandschaft zu konkurrieren und bis sich die erstarkte Gewißheit mit einer Parkmöglichkeit für ein Telephonat kombinieren ließ, war ich letztendlich ca. 50 Kilometer zu weit im Norden gelandet. Naja, von einer schönen Winterlandschaft kann unsereins nie genug haben, oder? :)

Ein herzlicher Empfang von Hana und Udo, die Kinder waren mit schweren Zweifeln über die Existenz eines zweiten Udo schon in ihren Betten, sowie ein paar Späßchen über meine kleine Grand Odyssee bildeten bei gedecktem Tisch den gemütlichen Ausklang des Tages und gleichzeitig den Auftakt zu unserer diesjährigen Czechlongtrailtour. Mit Plaudereien, geteiltem Tisch, Spaziergängen, Ausflug zu den Reitpferden und der Produktion der Pulkageschirre, die alten waren als erforderliche Reservegeschirre eingeplant, waren die Tage gut ausgefüllt. Es dauert ja oftmals länger, was kürzer eingeschätzt wurde und ohne Erfahrung der Neoprennäherei ist die gute, alte Handarbeit mitunter der Ledernähmaschine vorzuziehen. Auch in dieser Geschichte. Dafür war es ein Projekt für die ganze Familie und auch die Kinder, sogar die Vierjährige, leisteten mit Begeisterung ihren Beitrag.

Mit guten Wünschen, dem Spruch "Vejdi a neuškod!" ("Prost" kann bald wer auf Tschechisch) und feiner Medizin sowie einer Einladung zum Kaffee für den Rückweg wurde ich entlassen.

Die Weiterfahrt nach

Deštné v Orlických horách gestaltete sich problemlos, die drei Schleifen, etwa 20 km davor, einmal ausgenommen. Die Routenbeschreibung verhieß ein Abbiegen nach rechts - naja, links wäre richtig gewesen. In einem großen Halbkreis führte die Straße wieder zu einer bereits bekannten Ortschaft in der Richtung, aus der wir gekommen sind. Letztlich schlug ich doch noch an diesem Tag im Stake-out-Bereich unter der Chata Kristina ("seinerzeit" Haus Wien) neben der Schneebar der Österreicher mein Lager auf, ich war angekommen und es war ein wenig wie heimkommen.

Mein Lager bestand aus dem Parkplatz und ein Stakeout für Sannerk ("Šannak" wäre in Mitteleuropa bezüglich der Aussprache wohl unmißversändlicher) und Sheyenne. Mein McChefingenieur und Quartiermeister Wolfgang hat mich nämlich bei Peter im Wohnmobil einquartiert :) Danke für alles, Wolfdancer, auch auf diesem Wege! Danke auch an Peter für die freundliche Aufnahme! So hat der lange Weg der arrangierten Quartiere hier in Deštné von einem Zimmer über ein größeres Zelt mit Zeltofen und letztlich meinem Zweimannzelt ohne Ofen ein angenehmes und bequemes Ende gefunden. Die Hunde schliefen im Auto und immerhin in der Biwaknacht bei mir im Zelt.

Das Stakeoutleben, diverse Begrüßungen bereits bekannter Starter, die Fahrt zum Bankomaten des Ortes mit Steffen (Danke!) und die Musherbesprechung waren nicht die einzigen Aktivitäten. Es kam nie zu einem zweiten Bierli und Langeweile während des Wartens auf den Start hatte schon gar keine Chance, denn es mußte noch das Pulkagestänge fertig repariert werden (Danke Wolfgang!), der Deckel der Pulka mit Dichtband versehen und die Pulkabremse mit einem Gummizug bestückt sowie ein Stück von ca. 20 cm Neopren an das zweite Pulkageschirr genäht werden ... den Keflarstakeout konnte ich ja noch vor dem dritten Lauf mit der Biwaknacht spleißen, also wird sich alles gut ausgehen - und wenn ich einen fliegenden Start hinlegen werde, meldete sich eine schelmische, aber nicht unfreundliche Stimme leise kichernd im Hinterkopf ... Die Startfenster sind wirklich eine feine Einrichtung, denn man kann im Zeitfenster seiner Kategorie staren, wenn man soweit ist und hat keinen Minutenstreß. Nachdem ich bei der Anmeldung für die Tourenkategorie umgemeldet habe, waren wir zum Schluß an der Reihe. Also jede Menge Zeit! Ist das heuer gemütlich hier, einfach Urlaub, wenn man nicht zum ersten mal hier ist. Zehn Minuten vor dem Ende meines Startfensters hatte ich nur noch die beiden Pulkageschirre an das Zuggestänge anzugleichen ... und wir waren als gerade noch pünktliches Schlußlicht am Start.

Wieder auf DEM Trail, wir waren wieder hier und heuer gibt´s soviel Schnee wie noch nie seit der Durchführung des Šediváčkův long und dann noch dieses Kaiserwetter! Das Leben ist schön und es ist sich alles gut ausgegangen :)

Nach der ersten Kehre der langen Steigung stand Thomas mit seiner Pitbullhündin am Rand im Tiefschnee und wollte nach ein, zwei Raufereien noch etwas warten und hinterdrein fahren. Sannerk und Sheyenne zogen brav ihre Pulka und auf der langen Steigung waren wir bald in unserem Rhytmus eingelaufen, nachdem Gedanken bzw. Überlegungen, ob die Grenze zur Plackerei bald erreicht sein wird oder nicht, so schnell verflogen waren, wie sie plötzlich aufgetaucht waren. Sheyenne versuchte sich Schneeklumpen von den Pfoten zu beißen, weshalb ich ihr sofort Booties überzog. Sie hat längere Haare als Sannerk, auch zwischen den Ballen, aber bisher gab es im Schnee keine Probleme. Es war einfach zu schön, atemberaubend schön, um trübsinnigen Gedanken nachzuhängen! An diesem Tag habe ich gut 200 Bilder aufgenommen, einmal habe ich mich tatsächlich selbst zum Stockeinsatz ermahnt ... ;) Im oberen Bereich der langen Steigung kam mir noch Rene auf Skiern mit einer Malamutehündin entgegen, der heute nicht nach alleinigem laufen vor einem Zweibeiner war.

Die Schneemassen des heurigen Jahres haben bereits die bisherige Tobbogan-Abfahrt vereitelt, weil in diesem Hohlweg nicht annähernd etwas ähnliches wie ein Trail zu präparieren war. So fuhren alle Teilnehmer in gleichbleibenden Höhenschichtbereich die klassische Skijörerstrecke. Es gab letztes Jahr im späteren Streckenverlauf so etwas wie eine "kleine Tobboganabfahrt", wo ich die Skier in die Hände genommen habe und hinuntergelaufen bin. Wenn dieser Abschnitt heuer auch wegfällt, dann hätte ich nichts dagegen, dachte ich kurz. Genußvoll glitten wir eben dahin und ich saugte die Eindrücke dieses Wintermärchenzauberlandes in mich ein. Wir kamen zu besagter Abzweigung und auch Sannerk erinnerte sich offensichtlich daran, denn er setzte zum tandempulkagestängegerechten Bogen an - doch: da war kein Farbschild für eine Abzweigung und Tiefschnee! Jippiii! Genußvoll ging es auf der gleichen Höhenlinie weiter und wir kamen in die von mir so besonders geliebte offene Region über der Waldgrenze, noch dazu mit Abendsonne.

Die heurige Streckenführung ist wie für mich gemacht; schon am ersten Tag (= jeden Tag) führte uns der Trail in die "Freiheit über den Wäldern". Eine Belohnung, die uns Tourenfahrer im vergangenen Jahr erst auf der Fahrt ins Biwak, am dritten Tag, zuteil wurde. Dort oben schlossen wir dann auf drei Biker auf und überholten sie auch. Kurz vor einer kleinen Skihütte wandte sich der Trail nach rechts und eine autobahnartige Abfahrt mit herrlicher Aussicht (gut zum photographieren während der Fahrt) auf die Berglandschaft beendete den Ausflug über dem geschlossenen Wald. Diese Abfahrt nützten die Biker ihrerseits und überholten uns zurück, beim Checkpoint an der KO-Abzweigung erreichte ich Wolfgang mit seinem Team und von da an ging´s gemeinsam nach Hause. Nach 4 Stunden und 22 Minuten bzw. 27 Kilometern kamen wir inklusive intensiver Abendrotbeleuchtung mit dem letzten Tageslicht wohlbehalten ins Ziel.

 

Am zweiten Tag schaffte ich es wieder mit Hund und Kegel zum regulären Start und ein weiterer Genußlauf in herrlicher Landschaft war der Lohn. Diesmal war ich jedoch mit den dünnen Handschuhen gestartet, weil die dickeren waren gestern bald durchgeschwitzt und ließen dann, vor allem während der langen Abfahrt nach dem KO-Punkt, die Finger zu kleinen Eiszapfen werden. Auf Wolfgang, der wieder früher als ich im Tourenstartzeitfenster gestartet war, konnten wir heute bereits im Kindergarten des Rampušák (Rübezahl) aufschließen, gemeinsam sind wir den Rest der Strecke bis ins Abendrot und in den Zielhang entgegengefahren. Beide haben wir uns für die KO-Strecke entschieden, was auch für diesen Tag 27 Kilometer bedeutete; also keine 74 km mit einer vierstündigen Pflichtpause. Das "ganze Programm" hätte mich zwar gereizt, aber mir war es wichtiger mit beiden Hunden über vier Tage gesund und fit unterwegs zu sein. Sheyenne war pfotenbedingt erst seit dreieinhalb Monaten im Training, davon zweieinhalb Monate vor der Rollpulka. Die maximale Geschirrzeit betrug auch nur zweieinhalb Stunden, somit wollte ich sie lieber unterschätzen als überfordern. Auch wenn sie "weiß, was ziehen und laufen" bedeutet, so will ich auch ihr den mehrjährigen Aufbau zugestehen; sie muß vor allem Vertrauen fassen und wieder Freude daran finden - "Keep them happy" ...

Oberhalb des Kircherls jedoch, da konnten wir eine Kontinuität zum letzten Jahr herstellen und haben dadurch den Anschluß an das Wolfdancer-Team verloren, da ging wieder was zu Bruch! Sannerk, der in der Leadposition lief, schnappte ein-, zweimal in den Tiefschnee neben dem Trail, er wurde offensichtlich durstig. Ein ermahnendes Wort und die Pulkabremse in sanfter Aktion genügten, er war wieder "on trail" :) Doch ein letzter und unverhoffter, spitzbübischer Satz nach rechts, kombiniert mit meiner etwas zu langsamen Bremsreaktion waren für das Pulkagestänge zuviel: es war links an der schwächsten Stelle, wo der hintere in den vorderen Teil gesteckt und mit einem Splint gesichert war, gebrochen :(

Was war ich froh, daß ich zusätzlich zwei Zugseile installiert hatte! So montierte ich mit einer mitgeführten leathermanartigen Miniatur den Vorderteil des Pulkagestänges ab und übergab ihn nach etwa 100 Metern dem Streckenposten an der Kirche. Mit "wehenden Fahnen" sind wir dann doch noch durch das Ziel gefahren - Sheyenne zwischen zwei Zugstangen mit Zugseilen und Sannerk davor nur mehr durch die Zugseile mit der Pulka verbunden. Ende gut, alles gut :) Wolfgangs Fragezeichen in seinem zweiten oder dritten Blick beim Eintreffen an unserem Stake out war noch ein lustiger Schlußpunkt. Gut, daß wir Material und Werkzeug dabei hatten, so war das Gestänge bis zum Start am nächsten Tag längst wieder einsatzbereit.

Von der Weltöffentlichkeit wie der Longtrailgemeinde nicht bis bestenfalls kaum wahrgenommen war völlig zu Unrecht:

 

 

Von der ganzen Weltöffentlichkeit bzw. Longtrailgemeinde? Nein, ein kleiner Musher, eigentlich Skilangläufer mit zwei Hunden in der Tourenkategorie, ein Mitteldistanzler sozusagen, schenkte dieser guten Stube die wohlwollende Beachtung als Stammcafe und genoß mehrmals die herzliche Bewirtung und Stärkung samt Wärme (Warmwasser für die Hunde inklusive) :)

War ja auch die Schneebar der Österreicher nur in den Tagen vor den Läufen gut frequentiert, so erging es wohl vielen Teilnehmern wie mir: Die Uhren gingen in Destne so schnell! Wir haben wohl alle die Zeit genossen und in uns aufgesaugt - sogar die Torte und die Spiele in Brantners Kaffeehaus blieben unangetastet, wie ich auch mit Ralf zu keinem zweiten Bier (hintereinander) kam und mit anderen nicht einmal zu mehr als ein paar freundlichen Worten ...

Am dritten Tag ging´s auf ins Biwak! Alles, was die Skijöring- und Pulkateams (sowie die Biker) dafür benötigten und schwerer als 7 kg pro Hund war, wurde uns zum Biwakplatz transportiert. Ziemlich am Ende des Starterfeldes gingen wir wieder auf die Strecke, was heute einen weiteren, ungeahnten Vorteil hatte: Gleich zwischen dem ersten und zweiten Bach kam es zu einer längeren Wartezeit. Gut zehn Teams standen Schlange und warteten auf die Weiterfahrt, für die ersten dauerte die Zwangspause eine volle Stunde. Als es endlich weiterging, hatten wir bald, nach dem zweiten Bach, einen kleinen Einsatz fast nach McGyver: Die rechte Achsschraube der Pulkabremse hatte sich trotz einer selbstsichernden Mutter gelöst! Dank der Zange meines bereits bewährten, nur 83 Gramm schweren, "Profi-Star-Quality-Tools" hatte McUdo leichtes Spiel und es konnte weitergehen. Herrlichstes Kaiserwetter ließ mich meine Jacke ganz öffnen und immer wieder dankbar an meine dünnen Handschuhe denken. Kurz vor der Kuppe mit dem kleinen Unterstand schlossen wir auf ein Grönigespann auf, mit dem wir ein kleines Wegstück gemeinsam unterwegs waren und ich wieder einige Photos mehr als gestern aufnahm. Später überholten wir und waren bis nach dem Drop-Checkpoint alleine auf der Strecke, wo wir Markus und Wolfgang trafen. Die zunehmende Abendstimmung mit den Lichteffekten der letzen Sonne, mit und ohne Wolkenvorhang, der Abendröte und dem blauen Licht über die Dämmerung bis in die Dunkelheit war im "Kindergarten des Rampušák" besonders beeinduckend!

Dann kam der KO-Point, wo wir an den ersten beiden Tagen immer rechts abgebogen sind, heute aber geradeaus weiterzufahren hatten. Natürlich war Sannerk felsenfest davon überzeugt, daß es nach rechts ging. Knapp bevor ich zu ihm vorgehen wollte, um ihn in die richtige Richtung zu helfen, ging ein Streckenposten zu ihm und zog am Zuggestänge nach links. Er konnte es nicht wissen, aber genau: es brach links vorne. Mit Leukoplast notdürftig wieder verbunden - es war ja eh noch die Zugleine intakt - ging es weiter. Meine Finger waren unterdessen zu Eiszapfen mutiert und auch in den dickeren Handschuhen samt Fingerübungen dauerte es eine ganze Weile, bis sie zu schmerzen begannen und letztendlich schmerzfrei und wieder warm waren. Es war ganz schön frostig aber wunderschön! Zu dritt sind wir dahingefahren und haben uns mit etwas Abstand in die Tobboganabfahrt gestürzt. Sannerk und Sheyene waren bereits routiniert und haben brav auf mein "Langsam" reagiert. Gemeinsam mit der Pulkabremse waren auch die tiefen Bodenwannen ganz problemlos zu durchfahren. Doch mit der Zeit spürte ich die permanente Anspannung der Muskulatur mehr und mehr, sodaß ich ein "Gott sei Dank" in den nächtlichen Wald rief, als mich die scharfe Rechtskurve vom Ende des Hohlweges wissen ließ. Der Trail verlief nun flacher und auf einer Forststraße, eine schöne Abfahrt erwartete uns - das wußte ich vom Vorjahr. Doch heuer war alles anders. Die Schneemassen haben ja schon den Streckenverlauf verändert und die Distanz verkürzt, doch das war nicht alles. Die traditionelle Tobboganabfahrt entfiel heuer, weil der dortige Hohlweg nicht zu präparieren war. Jene Abfahrt habe ich als Skijörer im vergangenen Jahr nicht kennengelernt, aber die heurige Tobboganabfahrt hatte es jedenfalls auch in sich. Die ersten Bremswege wurden durch Klauen und Matten Tag für Tag immer tiefer, sodaß nun ein ganzer Hund darin verschwinden konnte. Das war noch nicht alles! In Summe war es wie die Fahrt über ein überdimensionales Waschbrett - ja, wir waren im Land des

Rampušák (Rübezahl)! Nun, es ging weiter. 

Zwei Musher überholten Markus und mich im Tiefschnee, nicht gerade gentlemengemäß, aber es ist nichts passiert. Sie schienen um Sekunden zu ringen und überholten ansatz- und wortlos, gingen ihren Hunden im bergseitigen Tiefschnee voran, ohne auf den nachpendelnden Schlitten zu achten. Sheyenne konnte ich gerade durch einen schnellen Handgriff vor den in die Bodenwanne kippenden Schlitten bewahren ... Den zweiten der beiden Speedies erkannte ich wieder; letztes Jahr war ich ihm einige hundert Meter davor im Hohlweg ausgewichen,bevor er mich vorbeiwinkte. Da hatte sein Team Motivationsprobleme und lief eine Weile nicht weiter, wollte aber unbedingt zu Sannerk zehn Meter abseits des Trails. Deshalb führte er sein Team wohl im Tiefschnee vorbei - aber ich muß zugeben, daß sie gelernt und sich ganz gut entwickelt haben. Kurze Zeit danach war die andere Achsschraube der Pulkabremse, die linke, weg! Das kann ja heiter werden, dachte ich noch, als ich den Bremsbügel zurechtrückte und wußte, daß ich ihn mit einer Hand immer in Position halten mußte. Jetzt waren wir alleine. Gleich darauf ging auch die provisorische Leukoplastverbindung des Pulkagestänges auf, was aber nicht weiter störte, vom Auge eines Betrachters abgesehen. In einer der zahllosen Bodenwannen bohrte sich das nach außen abstehende Ende der Zugstange seitlich in die Schneewand, doch durch eine blitzartige Reaktion wurde es eine kontrollierte Bremsung. Ich bog das Gestänge in eine Form ohne Verletzungspotential und weiter ging es. Endlich am Talboden angekommen, staunten die beiden Streckenposten nicht schlecht, als sie uns Bruchpiloten, nun erleichtert wieder in ein höheres Tempo fallend, vorbeizischen sahen. Das Video wurde in einer Extrafahrt angefertigt und läßt meine Muskeln wieder brennen - wir sind natürlich deutlich schonender, das heißt langsamer und daher als unendlich länger empfunden dort hinuntergefahren ...

http://www.youtube.com/watch?v=CBuuugBsNXM&context=C32e5927ADOEgsToPDskL4ubVj8Or1up7hpT4unusa

Nun waren wir aber so gut wie im Biwak, ein echter Supertrail erwartete uns in der Ebene und die Hunde liefen echt brav. Die Bewegung des Langlaufens tat nach dieser Abfahrt wirklich gut und der Anblick der Hütte und der Stirnlampen am Biwakplatz ließ doppelte Freude aufkommen. Hunde snacken, in die Sorels und die Daunenjake schlüpfen, Hunde füttern, Zelt aufstellen und Schlafplatz vorbereiten, Hunde ins Zelt und ab in die Hütte zu Gulasch und Bier und zu den Kollegen. Meine verschwitzten Klamotten habe ich gleich in den Sack geworfen, denn für uns war es heuer vorei. Morgen fahren wir mit den Helfern mit - immerhin waren wir im Biwak angekommen, was zumindest eine moralische Genugtuung war. Wolfgang machte später den Vorschlag, mir zwei X-back-Geschirre und eine Doppelzugleine zu borgen, damit wir als Skijöingteam zurückfahren können. Auf diese Idee war ich noch gar nicht gekommen! Und die eigenen X-back-Geschirre hatte ich sogar in meinem Auto und der Autoschlüssel hängt in "Brantners Kaffeehaus"! Petra packte alles zusammen und wider alle Sprachschwierigkeiten übergab sie die Sachen letztlich doch einem Helfer. Heuer stand neben der Hütte zusätzlich ein Partyzelt, in dem das Gulasch ausgeteilt wurde und weitere Sitzgelegenheiten vorhanden waren. Die Nacht hielt angeblich - 26 °C für uns bereit, doch mir kam es viel wärmer vor. Unser Zelt war in der Früh innen auch nicht vereist, sondern nur feucht.

Am nächsten Tag lag um 08.00 Uhr ein Sack mit meinem Namen und meiner Startnummer auf meiner Pulka, zwei X-back-Geschirre und zur Sicherheit zwei Zugleinen darin :) Heute waren wir sogar eine viertel Stunde vor dem Ende des Startfensters am Trail! Es war zwar nicht mehr ein Start in das Morgenrot oder die aufgehende Sonne, wie bei den ersten Startern ab 07:00 Uhr, aber um 08:45 Uhr scheint eindeutig noch die Vormittagssonne ;) Flott ging es in Skijöringmanier bis zur Abzweigung mit der beginnenden Steigung dahin

und auch danach haben wir zwei Privatpersonen mit ihren vorgespannten Jagdhunden, ebenfalls im Skijöringstil, rasch hinter uns gelassen. Am Ende der "Autobahnabfahrt" nach dem Checkpoint fuhren wir auf Peter, meinem Quartiergeber, auf und waren dann bis ins Ziel gemeinsam unterwegs. Wenn wir überholten, dann waren seine Hunde sehr motiviert, aber sobald sie wieder vor uns waren, ging es wieder gemütlich weiter. Auch gut, so waren die Hunde beim neuerlichen Anstieg voller Tatendrang und ich machte mit Sannerk und Sheyenne das Zugpferd, was ganz passabel funktionierte. Bald sah ich Renate, zu der wir uns langam und beständig vorarbeiteten. Den Rest der Strecke waren wir mehr oder weniger zu dritt unterwegs. Sheyenne, die sich als Skijöringhund bald nach dem Start nicht mehr ins Zeug legte (aber immerhin der ursprünglichen Minimalzielvorstellung entsprechend ohne zu bremsen mitlief), nahm die Zugarbeit irgendwann wieder auf und immer öfter und länger liefen die beiden synchron, was auch etliche Aufnahmen zeigen. Vor der Pulka lief und zog sie wirklich brav, die größere Freiheit im X-back-Geschirr oder alte, damit verknüpfte Erinnerungen ließen sie ihre Qualitäten (noch) nicht voll ausspielen. Aber es wird schon ...

Vor dem Zielhang schnallte ich des Bremshohlweges wegen ab und lief hinunter, was unseren Dreifachzieleinlauf auseinanderzog bzw. in den Augen der im Zielbereich positionierten Zuseher nicht mehr als solcher zu erkennen war ;)

Es ist vorbei, sagte mir mein Verstand, aber ich fühlte es nicht. Jetzt packen wir wieder alles zusammen und morgen sind wir wieder über alle Berge, aber ich fühlte die Vergänglichkeit nicht. Sheyenne ist mit Sannerk und mir zu einem echten Team zusammengewachsen und sie hat sich wacker geschlagen.

Sie zeigt nun weit mehr von ihrer Kondition, was ja nicht verwunderlich ist, sondern auch Elan und Freude. Ich weine dem Umstieg aus der Pulka- in die Tourenkategorie keine Träne nach, auch wenn heuer die Gesamtdistanz relativ einfach zu schaffen gewesen wäre; 198 statt 245 Kilometer bei superführigem Schnee und tollen Trails - die Tobboganabfahrt ausgenommen ;)

Unser Ziel ist die souveräne Teilnahme am Sedivackuv Long 2013 und am Kalevala 2013 (440 km in 6 Tagesetappen) und wir sind am besten Weg dazu unterwegs! Wir bleiben in Schuss, die erste Eurodogtrekkingsaison wird eine gute Hilfe beim weiteren Aufbau über den Sommer sein.

Ein letzter Kaffee in der südmährischen Mühle - Eislaufen mit den Kindern inklusive - beendete diese Woche, wie sie begonnen hat. Sheyenne wartete vor dem Gästezimmer schon auf Einlaß, aber diese Nacht verbrachten wir dann mit einem lachenden und einem weinenden Auge doch wieder in den eigenen vier Wänden.

Beim ersten heimatlichen Spaziergang mit Hundefreilauf kam es am Tag nach unserer Ankunft zu folgendem Nachspiel: Sheyenne lief an einer Wegkreuzung einige Meter in eine falsche Richtung, weil Sannerk vorher dort geschnüffelt hat. Als ich nach links abzweigte, lief er in ihre Richtung und grölte sie an, so wie er sonst uns Zweibeiner begrüßt oder auffordert. Das von dem Hund, der sie vor vier Monaten und auch noch vor zweieinhalb Monaten links liegenließ. Sheyenne ist nun im Team angekommen, würde ich sagen ...

Die nächste Steigerung wird die Bewältigung der Gesamtdistanz und die Krönung ist dann ein gemeinsamer Auftritt des gesamten Teams, wenn auch Alexandra dabei sein wird - und wir als zwei Mensch-Hunde-Teams starten werden :)

 

Heute ist der 10. Februar 2012 und dieser Bericht ist endlich fertig - jetzt erst ist dieses Abenteuer abgeschlossen, aber die Tage bis zum nächsten Start werden bereits wieder gezählt (http://www.sedivackuv-long.cz): 347 Tage bis zum Start!

 

Unser aller Dank geht an Andrea, Pavel und an ihr Team, die für jeweils ungefähr hundert Teilnehmer seit 16 Jahren einen jährlichen Winterhöhepunkt möglich machen und mehr - danke, danke, danke!

 

Keep on hoping, running, living, loving ...

 

 

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